Jenny Estrada zählt zu den angesehensten und bedeutendsten Historikern Ecuadors. In diesem schockierenden Buch berichtet sie von der Deportation von Tausenden ethnischen Deutschen, Japanern, Italienern und ihren lateinamerikanischen Familien in US-amerikanische Konzentrationslager vor und während dem Zweiten Weltkrieg. Das Schicksal dieser unschuldigen Opfer ist bislang weitestgehend unerforscht.
Fünf Monate vor dem Angriff auf Pearl Harbor wurde unter der Leitung von Nelson A. Rockefeller der erste Schritt zur Errichtung eines geheimen und illegalen Internierungsprogramms zur Identifizierung und Gefangennahme unschuldiger lateinamerikanischer Bürger unternommen.
'Nationale Sicherheit' lautete die offizielle Erklärung der Regierung der Vereinigten Staaten. Aber das war eine Lüge! Die US-Regierung wußte ganz genau, wo und wieviele deutsche Spione in Lateinamerika tätig waren. In einem Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung vom 20. Oktober 1998 weist der jüdische Historiker Herbert Reginbogin darauf in, daß die American Chase National Bank der Rockefellers in New York damals die wichtigste Bank für deutsche Unternehmen war. 'Die Rockefellers haben seinerzeit die deutsche Kriegsmaschinerie, aber auch die deutschen Geheimdienste in Nord- und Südamerika mitfinanziert.'
Nichtsdestoweniger wurde unter Leitung von Nelson Rockefeller in nahezu allen lateinamerikanischen Zeitungen eine Schwarze Liste veröffentlicht. Auf dieser Schwarzen Liste konnte sich nicht nur jedes italienische oder deutsche Unternehmen, sondern auch jeder Italiener und Deutsche - selbst Einwanderer mit lateinamerikanischer Staatsbürgerschaft - wiederfinden. Tausende unschuldige deutsche, italienische und lateinamerikanische Familien, deren Namen auf diesen Listen standen, wurden in örtliche Internierungszentren gebracht. Hier wurden sie ohne Gerichtsprozeß und Rechtsbeistand festgehalten. Nachdem all ihr Vermögen und Eigentum beschlagnahmt worden war, wurden sie unter erbärmlichen Bedingungen in US-amerikanische Konzentrationslager deportiert. Unter den Deportierten befanden sich mehr als 80 deutsch-jüdische Flüchtlinge, die zum Teil bereits in Deutschland inhaftiert gewesen waren.
Mit einem sogenannten Kampf gegen die nationalsozialistische Unterminierung Lateinamerikas hatte dies alles kaum etwas zu tun. Das Buch von Jenny Estrada enthüllt das wahre Ziel der Schwarzen Listen: Es sollten japanische, italienische und deutsche Wirtschaftsinteressen in Lateinamerika durch US-amerikanische Interessen ersetzt werden. Besonders frappierend ist der Umstand, daß die ganze Gummiindustrie von den Rockefellers übernommen wurde. Und dafür gab es einen wichtigen Grund!
Die deutsche Wehrmacht war auf Gummi angewiesen, um einen Krieg führen zu können. Ohne Gummi wäre der Zweite Weltkrieg gar nicht möglich gewesen. Deutschland hatte aber keinen Naturkautschuk. Zusammen mit der I.G. Farben betrieben die Rockefellers und Konsorten eine Gummifabrik, in der Auschwitzgefangene Zwangsarbeit leisteten. Woher der Gummi stammte, läßt sich leicht nachvollziehen.
Es gab jedoch noch ein weiteres Motiv für die Deportation unschuldiger Deutscher und ihrer lateinamerikanischen Familien: Man sammelte Gefangene, um diese gegen US-amerikanische Gefangene der Achsenmächte auszutauschen. Nach ihrer Deportation in Konzentrationslager in den Vereinigten Staaten wurden viele Internierte gegen Hitlers gefange US-amerikanische Bürger ausgetauscht. Die Gefangenen aus Lateinamerika wurden in verschiedene deutsche Städte verbracht und ihrem Schicksal überlassen. Die meisten von ihnen sprachen nicht einmal Deutsch. Viele wurden sogar nach Stalingrad geschickt.
Unter den Gefangenen aus Lateinamerika waren auch mehrere jüdische Familien. Auch sie wurden gegen Amerikaner ausgetauscht. Was diese Familien bei ihrer Ankunft in Deutschland erwartete, ist bekannt.